Freitag, 21. Juni 2013

HOCHBUNKER

Eingegliedert ins Stadtbild fallen sie in ihrer Brachialität nur selten auf und so richten sie Aufmerksamkeit erst mit dem zweiten Blick auf sich - die Bunker. Der Hamburger Stadtteil Eimsbüttel zeichnet sich mit einer hohen Anzahl der kühl und leblos wirkenden Betonklötze aus, ohne dabei selbst diesen Zuschreibungen zu entsprechen. Mittlerweile werden dort auch neue Konzepte für diese Relikte entwickelt und erprobt.


Bunker im Hellkamp

Die Geschichte der Bunker reicht weit zurück. Bereits im Ersten Weltkrieg wurden zahlreiche Maßnahmen unternommen, die den Schutz der zivilen Bevölkerung gegen Angriffe aus der Luft sichern sollten. Besonders im Zweiten Weltkrieg kam es zur systematischen Umsetzung von Projekten des Luftschutzbauprogramms. Ab 1941/42 waren die meisten Bunker fertiggestellt und retteten bei Luftangriffen vielen Menschen das Leben.
Zahlreiche Röhrenbunker und unterirdische Schutzräume, die im Boden verborgen waren, sind heute beschädigt oder zerstört. Neben den Flakbunkern an der Feldstraße und auf der Elbinsel Wilhelmsburg, sind die meisten oberirdischen Anlagen (Hochbunker) mit ihren meterdicken Betonwänden erhalten geblieben, die höchste Dichte weist der Stadtteil Eimsbüttel auf. 
Jahrelang standen viele dieser Bunker leer und waren ungenutzt. Sie wurden geschützt durch ein Gesetz, das mit Ende des Kalten Krieges 1991 außer Kraft gesetzt wurde. Bis dahin sollten die Bunker zum Schutz vor einem möglichen neuen Atomkrieg stehen bleiben. Zwar wurden einige damals schon zu anderen Zwecken adaptiert bzw. wieder eingerichtet, doch keiner durfte abgerissen werden, wie der Bunkerexperte Herr Pinker berichtet. So kam im Bunker im Eidelstedter Weg zwischenzeitlich neben einer Druckerei auch ein Archiv für Musiknoten unter. 
In den 90er Jahren begann man mit den ersten Abrissarbeiten (u.a. im Heußweg, Wiesinger Weg, Fruchtallee, Weidenallee, Bismarckstraße und Heckscherstraße). Zur Zeit wird der Bunker in der Henriettenstraße stückweise gesprengt.



Bunker im Heußweg
    
Die Bunkeranlagen sind in Hand von Bund bzw. dem Land Hamburg; durch den Verkauf an Privateigentümer finden manche seit geraumer Zeit eine neue Verwendung. Sie dienen als Fundament für Neubauwohnungen, welche auf den Bunker drauf gesetzt werden. Was sich erst mal ungewöhnlich anhört, hat recht simple Gründe: zum einen die häufig sehr zentrale Lage, zum anderen der günstige Baugrund auf dem die Bunker stehen. Gerade in einer Metropole wie Hamburg, wo man immer stärker mit dem zunehmend angespannten Wohnungsmarkt konfrontiert ist, werden nach Alternativen gesucht. Die Not macht erfinderisch und so ist der Kauf eines Bunkers häufig günstiger, als der eines üblichen Baugrundstücks.
Auch von Seiten der Stadt wird diese Art der Neunutzung dem Abriss vorgezogen. „Das ist technisch kein Problem", sagt Jörn Walter – Hamburgs Oberbaudirektor. "Aber es ist teuer und verlangt umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen."(zum Interview)- Insbesondere in den innenstädtischen dicht besiedelten Wohnvierteln wie Eimsbüttel.

Anhand dieser Bunker lässt sich zeigen, dass es manchmal auch außergewöhnlicheren Maßnahmen bedarf – nicht nur an neuen Wohnraum zu gelangen- sondern auch um einen anderen Umgang mit der Geschichte zu finden. Durch die neue Nutzung bekommen sie etwas Alltägliches, ohne dass dabei die Geschichte in den Hintergrund tritt. Denn egal wie groß die Veränderungsmaßnahmen auch sind, die massive Typologie der Bunker lässt diese auch auf den zweiten Blick erkennen.

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