Mittwoch, 06. Februar 2013

KAMPNAGEL FEBRUAR 2013

FREISCHWIMMER FESTIVAL
VERWERTE DICH!
07. – 16. FEBRUAR 2013


Machen wir uns keine Illusionen. Die neoliberale Verwertungsgesellschaft ist schon lange in der Kunst angekommen. Nicht nur im engeren Sinne der Urheberrechtsdebatte, sondern auch in den Bedingungen der Kunstproduktion. Während die künstlerische Ich-AG unter dem ökonomischen Aspekt den Beigeschmack der Fremd- und Selbstausbeutung hat, ermöglicht sie im künstlerischen Sinne jedoch ein differenziertes »Sich-Einbringen«, sie kann Prozesse in Gang setzen, aus denen sich ein inhaltlicher Mehrwert ergibt. Im Sinne der diesjährigen Freischwimmer-Projekte heißt das konkret: Flieht, brecht aus, segelt los aus diesem System! Nutzt das Humankapital für sinnvolle Zwecke! Verbrennt singend in der Arbeit! Die Ausbeutung fängt schon in der Küche an. Nichts ist nur schwarz oder weiß. Seid ungerecht in der Kritik und spielt mit den Zeichen, Logiken und Systemen!


PROGRAMM:

MARKUS&MARKUS (HAMBURG):
POLIS3000: ORATORIO

Wir sind Markus & Markus. Wir sind Jesus. Und: Wir vollbringen Wunder. Der Demokratie ist es nicht gelungen, Religion zur Privatsache zu erklären, wie es die Aufklärer forderten. Wir erledigen das.

[Do] 07.02. / 20:00 und [Sa] 09.02. / 21:30, 80 min.
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© Gerhard F. Ludwig


JOONAS LAHTINEN U.A. (WIEN):
EIN.KÜCHEN.BAU

Wie wird in Einbauküchen gelebt, gekocht, gearbeitet und wie machen die Bewohner sie zu ihrem Zuhause? Die Architektin Margarete Schütte-Lihotzky hat 1926 mit der »Frankfurter Küche« die Grundlage für die massenproduzierbare Einbauküche von heute gelegt. Mit audio- visuellen Materialien zu politischen und ästhetischen Dimensionen der Küche eröffnet die Installation vielschichtige Assoziationsräume zu alltäglichen Routinen. EIN.KÜCHEN.BAU wird live vor Publikum aufgebaut, verändert sich als Installation während des gesamten Festivals und wird immer wieder belebt und weiter ausgestattet.

»Der Aufbau« [Do] 07.02. / 19:00 (Installation geöffnet an allen Vorstellungsabenden ab 19:00)
Performances: [Do] 14.02. bis [Sa] 16.02. / 19:30
»Hühnerbrust mit Reis« [Fr] 08.02.,
»Linseneintopf«[Sa] 09.02.,
»Gulasch« [Do] 14.02.,
»Noodles« [Fr] 15.02.,
»Topfenknödel« [So] 16.02.
Westfoyer


LUKAS UND (DÜSSELDORF):
DIE KEINESWEGS LETZTEN PIRATEN

»Treulos nach der Abgabe des Versprechens und außerstande, mein Wort zu halten oder zu brechen, verspreche ich aufrichtig, dass ich ein Pirat bin.« D. Heller-Roazen

Wir versprechen aufrichtig, dass ein Schiff kommen wird: Jedem seine Schaluppe. Unser Schiff ist Ort der Hoffnung und des Neubeginns, ist Gefechtsschauplatz, Handelszone und Kreuzfahrttraum. Wir verlassen auf ihm das Festland der Tatsachen zugunsten des Meeres der Möglichkeiten und suchen unser Glück in der Weite, die reicht bis zum Horizont hinter unseren Lidern. Und wenn der Kopf fällt, sagen wir: Hoppla.

[Do] 07.02. / 21:30 und [Fr] 08.02. / 20:00, 60 min.
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LUISE VOIGT (BERLIN):
AUSBRENNEN
SONGS VON DER SELBSTVERWERTUNG ODER MELODIEN FÜR DEN FEIERABEND


Jährlich steigt die Zahl der von der Mode- oder Volkskrankheit ›Burn- out‹ Betroffenen. Das gesamte gesellschaftliche Leben ist von Unternehmergeist durchdrungen. Jeden Tag wird an der Selbstverwirklichung gearbeitet, der andere wird zur Konkurrenz, der Freundeskreis zum Netzwerk. Die brennenden Arbeiter sind die Arbeiter von heute. Und brennen sie noch nicht, müssen sie sich entflammen. AUSBRENNEN ist Konzert, Live-Hörspiel und Performance, ist ein Ringen um den Feierabend für brennende und ausgebrannte Einzelkämpfer, ist der Versuch eines neuen Arbeiterlieds. Musik! Musik!

[Fr] 08.02. / 21:30 und [Sa] 09.02. / 20:00, 60 min.
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ANDREA MAURER/THOMAS BRANDSTÄTTER (STUDIO 5) (WIEN):
MEANING MEANING

In MEANING MEANING trifft das Publikum mit Gorilla, Mensch und Zukunftswesen an einem Tisch zusammen. Bei dem Versuch, eine gemeinsame Sprache zu finden, werden Alltagsgegenstände mit neuen Namen und Funktionen versehen, kuriose Apparaturen konstruiert und im Buchstabenregen Gedichte vorgetragen. Im Grenzgang zwischen Sinn und Unsinn rüttelt studio 5 am Gerüst der Sprache und liest auf, was dabei an Bedeutungen hervor purzelt.

[Do] 14.02. und [Fr] 15.02. / 19:00, 20:00, 21:00, 25 min.
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GIESCHE X HERMSDORF (FRANKFURT):
BLACK OR WHITE

Während das 21. Jahrhundert als Zeitalter der Reduktion proklamiert wird, sucht BLACK OR WHITE nach dem Zuviel: zu viel Material, zu viel Text, zu viel Bild, zu viel Musik – es gibt hier schlicht und einfach zu viel. Erschöpft lehnt man sich zurück, schaut zu, sammelt und bemerkt, dass diese Informationsflut nie verarbeitet sein wird, jetzt nicht, nie. Im Zentrum der Arbeit von Alexander-Maximilian Giesche und Lina Hermsdorf stehen die choreografierte Dauerreizüberflutung im Vergnügungspark der Oberflächen und das Ankämpfen gegen die Isolation im Versuch der Kommunikation.

[Fr] 15.02. / 21:30 und [Sa] 16.02. / 20:00, 60 min.
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THOM TRUONG (ZÜRICH):
INVEST IN ME!

Es ist lange her, dass eine Bewegung von sich sagte, sie könne die Welt verändern. Nun gibt es wieder eine. Die Akteure nennen sich Social Entrepreneurs und agieren nicht kollektiv-politisch, sondern privat-unternehmerisch. Andere von den eigenen Visionen zu überzeugen, ist eine künstlerische Tätigkeit, denn dazu muss etwas dargestellt werden, das noch nicht ist. Dies kann nur mit ästhetischen Mitteln geschehen – visuell, narrativ und performativ. Thom Truong bringt die Social Entrepreneurs mit Vertretern verschiedener Kunstdisziplinen zusammen, die sie vorbereiten, um Publikum und echte Investoren von ihren Visionen zu überzeugen.

[Sa] 16.02. / 21:30, 60 min.
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CONSTANZA MACRAS/HIPHOP ACADEMY (BERLIN/HAMBURG):
DISTORTION – VERZERRUNG

»Eine Macras-Choreografie ist erst vollendet, wenn die Bühne unter bunten Trümmern liegt.« Die Zeit

Die gebürtige Argentinierin (zuletzt auf Kampnagel mit OPEN FOR EVERYTHING im Juni 2012) wurde bereits mehrfach ausgezeichnet für ihre energiegeladenen Choreografien, mit denen sie immer auch sozialkritische Auseinandersetzungen anstößt. Ihre Tänzer versteht Macras als Boten ihrer eigenen Geschichten, die sie in der universalen Sprache des Tanzes transportieren. Auch die Produktionen der Hamburger HipHop Academy zeichnen sich durch ihre enge Verknüpfung von Biografie, tänzerischer Ausdruckskraft und künstlerischer Abstraktion aus und schlagen die Brücke zwischen Hochkultur und Subkultur. In DISTORTION – VERZERRUNG nimmt Macras gemeinsam mit Performern der HipHop Academy die Basis-Bewegungen des HipHop und deformiert, verstellt und verzerrt sie zu ausdrucksstarken Bildern.

[Do] 14.02. bis [Sa] 16.02. / 19:00
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© Thomas Aurin

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JÉRÔME BEL/THEATER HORA (PARIS/ZÜRICH):
DISABLED THEATER 

DISABLED THEATER ist so polarisierend wie erfolgreich: Die Zusammenarbeit von Jérôme Bel, einem der wichtigsten Vertreter des zeitgenössischen Konzepttanzes, mit den geistig behinderten Schauspielern des Theater HORA ist eine Unterwanderung jeder political correctness. Jérôme Bel lässt das besondere zeitliche Empfinden, die Intensität und Körperlichkeit der Darsteller zu Choreografie werden. Nach gefeierten Aufführungen u. a. beim Festival d’Avignon, der Ruhrtriennale und der dOCUMENTA (13) ist das außergewöhnliche und mutige Stück nun in Hamburg zu sehen.

»Der Abstand zwischen der Mehrheitsgesellschaft und dieser Minderheit ist abgrundtief. Das ist eine Aufteilung, die mir unerträglich ist. Und so geht es unter anderem darum, der Community, die diese Schauspieler repräsentieren, Sichtbarkeit zu verschaffen. Zu zeigen, dass ihre Einzigartigkeit voller Versprechungen für das Theater und den Tanz ist, so wie ihr Menschsein es für die Gesellschaft im Allgemeinen sein sollte.« Jérôme Bel

schweizerdeutsch mit englischer Übersetzung

[Do] 14.02. bis [Sa] 16.02. / 20:00, 90 min.
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© Michael Bause

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KOMMANDO HIMMELFAHRT (DVORAK/FIEDLER) (HAMBURG):
UTOPIA

In der äußersten Ratlosigkeit Europas, in der jede Lösung Verschlechterung verspricht, wendet sich Kommando Himmelfahrt an seinen Lieblingsheiligen: Thomas Morus, Verfasser des weltberühmten Romans »Utopia«, gestorben den Märtyrertod im Jahre 1535. Morus erfand sein Utopia ohne Rücksicht auf Realitäten – ein wundersames Eiland, auf dem Toleranz, Gleichheit und Vernunft herrschen. Kommando Himmelfahrt hat seine eigene Vision der idealen Insel. Auf Kampnagel entsteht ein utopischer Musikfilm, zu dessen inszenierten Dreharbeiten die Zuschauer eingeladen sind. Der ideale Staat und die utopische Liebe werden zu einer Extravaganza mit Musikern, Sängern, Schauspielern und unzähligen Architekturmodellen der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg. Am 23. März sollte man mit Kommando Himmelfahrt den Sprung über die Elbe wagen und herausfinden, was die Zukunft für uns bereithält. Ist es Zufall, dass die Elbinsel Wilhelmsburg wie die Vorlage zur Landkarte Utopias aussieht?

[Do] 14.02. und [Sa] 16.02. / 20:00
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© Christian Wiehle

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ABSCHLUSSARBEITEN DER THEATERAKADEMIE HAMBURG:

FRIEDERIKE SCHUBERT:
DIE BOHÈME ODER WAS DIE KUNST MIT DER LIEBE MACHT
NACH PUCCINI UND KAURISMÄKI


»The book of love has music in it | In fact that’s where music comes from | Some of it is just transcendental | Some of it is just really dumb | But I | I love it when you sing to me«

Eine Frau und ein Mann treffen sich. Sie borgt sich Licht von ihm. Er zündet ihre Kerze an. Im Wind. Er und sie. Sie und er. Und die Kunst. Eine Liebe, die unter Umständen nicht sein soll. Was macht die Liebe? Was geben wir auf für die Kunst? Und können oder wollen wir nur nicht glücklich sein?

[Fr] 22.02. bis [So] 24.02. / 19:30
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© Dennis Poser

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SIDI LARBI CHERKAOUI/EASTMAN (LONDON):
PUZ/ZLE

Der flämisch-marokkanische Künstler Sidi Larbi Cherkaoui gehört zu den weltweit erfolgreichsten Choreografen. Für seine virtuos- erzählerischen Tanzstücke, die er oft in Zusammenarbeit mit Musikern und Bildenden Künstlern entwickelt, hat der 36-Jährige u. a. Auszeichnungen als »Choreograf des Jahres« und den KAIROS- Preis der Alfred Toepfer Stiftung bekommen. Seine neueste Arbeit PUZ/ZLE wurde beim Festival d’Avignon 2012 uraufgeführt. Gemeinsam mit elf Tänzern, dem korsischen Männergesangssextett A Filetta, der libanesischen Mezzosopranistin Fadia Tomb El-Hage und dem japanischen Multi-Instrumentalisten Kazunari Abe zeigt Cherkaoui die Menscheitsgeschichte als Puzzle. Aus einem Geflecht unterschiedlichster Bewegungen und Töne setzt er große, überwältigende Bilder zusammen, die einen ebenso fundamentalen wie musikalisch-fließenden Vorstoß zum Wesen der Dinge wagen.

»Ein grandioser Abend.« taz

[Di] 26.02. bis [Do] 28.02. / 20:00, 100 min.
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© Koen Broos

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KONGRESS:
WORK IN PROGRESS 2013
STRATEGIEN FÜR DIE ARBEITSWELT VON MORGEN


Die heutige Arbeitswelt ist kommunikativer, vernetzter und komplexer als jemals zuvor. Die zweite Ausgabe von WORK IN PROGRESS präsentiert Menschen und Ideen die sich mit diesem Wandel auseinander setzen. Im Zentrum stehen neue Formen der Zusammenarbeit: Es wird gemeinsam konsumiert und geteilt, gelernt, entworfen und produziert. Die Keynote hält der amerikanische Soziologe Richard Sennett.



PROGRAMM:

DONNERSTAG 28.02.
ERÖFFNUNG


19:00     Öffentliche Podiumsdiskussion

21:30
    IN DIR MUSS BRENNEN (Film)

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FREITAG 01.03.
KEYNOTE


10:00     Richard Sennett: The Craft of Cooperation (in engl. Sprache)

11:15     „Who am I? – Das Wir ist ein Anderes“ (Lecture Performance Armin Chodzinski)

11:30     Komplizenschaft – Neue Perspektiven auf (kreative) Arbeit (Vortrag & Film Prof. Dr. Gesa Ziemer)

12:15     Collaborative Consumption: Die Ökonomie des Teilens (Podiumsdiskussion)

12:30     Neue Arbeit – neue Organisationen? (Workshop)

13:30     Making, Sharing, Caring: Schöner neuer Post-Postindustrialismus? (Vortrag Wolfgang Wopperer)

13:45     Gemeinsam statt allein – Die Wiederentdeckung der Idee der Genossenschaft (Podiumsdiskussion)

14:00     Fab Labs & Co-Creation: High Tech für jedermann – aber kann man davon leben? (Podiumsdiskussion)

15:00     Open Design – Wirtschaften mit freien Produkten (Vortrag Magdalena Reiter)

15:15     Die Bildung der Zukunft – Gesellschaftliche Innovation aus einer traditionellen Idee der Universität (Vortrag Prof. Dr. Stephan A. Jansen)

16:15     Open Source-Pojekte als organisatorische Arbeitsnetzwerke und Katalysatoren für verteiltes Lernen (Vortrag Till Schneidereit)

16:30     Staying Alive 2013 – Wie man als unabhängiger Musiker in einer vernetzten Welt sein Ding durchzieht (Vortrag Robert Drakogiannakis)

17:15     Zwischen Freiheit und Solidarität - Neue Arbeit und ihre soziale Absicherung (Podiumsdiskussion)

17:30     Auf Zick-Zack-Kurs durchs Arbeitsleben – Nicht-lineare Berufswege und Brüche (Podiumsdiskussion)

Ausführliche Programminformationen und Anmeldung unter www.work-in-progress-hamburg.de.

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