Sonntag, 02. Juni 2013

KAMPNAGEL JUNI 2013

LIVE ART FESTIVAL
ZOO 3000: OCCUPY SPECIES

05.-15.06.2013

Unter dem Titel ZOO 3000: OCCUPY SPECIES widmet sich das LIVE ART FESTIVAL 2013 exklusiv dem Verhältnis von Mensch und Tier und verhandelt zehn Tage lang machtpolitische Verhältnisse von Klassen, Ethnizität, Geschlechtern und Habitaten. Die als »animal turn« bezeichnete Wende beschäftigt sich beispielsweise mit Fragen der Handlungsfähigkeit und Subjektivität von Tieren als Akteuren der Geschichte oder auch mit »Spezies« als Ressourcen für Herrschaft und Emanzipation. Das Versprechen der Animal Studies: die radikale und progressive Verkomplizierung aller Verhältnisse. Denn tatsächlich scheint die konsequente Berücksichtigung von Tieren bei Fragen wie Sexualität, Politik oder Freundschaft die Grenzen des bislang dazu Gedachten zum Einsturz zu bringen. Die Animal Studies sind eines der bemerkenswertesten Phänomene der Kultur- und Geisteswissenschaften und sind Motor politischer Bewegungen und künstlerischer Produktion, die sich in Tanz, Installation, Performance und Intervention ausdrückt. Das dritte Jahrtausend stellt Zoopolitik auf die Tagesordnung – das LIVE ART FESTIVAL 2013 nimmt die Herausforderung einer Kritik der politischen Zoologie an und reflektiert in der EXPLODIERTEN UNIVERSITÄT des wissenschaftlichen Leiters des Festivals Fahim Amir die Potentiale des Diskurses, die in der LANGEN NACHT DER BEFREIUNG kulminiert und dem Praxis-Test unterzogen wird. À propros Praxis: Im Kampnagel-Restaurant »Casino« gibt es während des Festivals vegetarische und vegane Köstlichkeiten – und der mobile Kiosk von Supersyl / Manuel Scuzzo sorgt für Wohlbefinden an unerwarteten Orten.
Kommen Sie als Hund zum Knochen: Don´t miss ZOO 3000!



God's Entertainment, Wien
Human Zoo


In Zeiten, in denen auch gegen unerwünschte menschliche Stadtbewohner temporäre Aufenthaltsverbote an vermeintlich ›öffentlichen‹ Orten ausgesprochen werden, verspricht eine zoopolitische Transspezies-Perspektive neue Erkenntnisse: So arbeiten God’s Entertainment mit der Hypothese, dass soziale und materielle Kontroll- und Ordnungsmechanismen einen Transfer von Tier zu Mensch erleben. Von Tauben-Spikes und Tauben-Netzen war es kein weiter Weg zu Parkbänken, auf denen Obdachlose nicht mehr liegen konnten: Gegen den Körper gerichtete Erschwerungen des Aufenthalts – oder wie im Zoo zur Verhinderung der Flucht –bleiben fast unsichtbar, könnten aber gerade dadurch kaum brutaler sein.
Das Wiener Performancekollektiv wird für die Dauer von ZOO 3000 einen HUMAN ZOO errichten, in dem menschliche Randgruppen ausgestellt werden. Die performative Installation versucht durch die Abbildung des Originals den Kreislauf der Stereotypen zu durchbrechen. God’s Entertainment arrangiert und inszeniert die Klischees so, dass die schon vorhandenen Vorstellungen der Zuschauer bestätigt und verstärkt werden.

DATEN [Mi] 05.06. bis [Sa] 15.06./ an allen Vorstellungstagen ab 18:00
ORT, PREIS Foyer, Eintritt: 3 € (inkl. ZOOLOGICAL INSTITUTE)


© Frank Egel
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Jozef Wouters, Antwerpen
Temporäres Naturkundemuseum der ausgestorbenen Tiere Zoological Institute For Recently Extinct Species, Brüssel


Tierarten haben nichts mit Organisation zu tun, Ökologie nichts mit Schuld und Natur nichts mit Harmonie. Das belgische ZOOLOGICAL INSTITUTE FOR RECENTLY EXTINCT SPECIES wechselt die ideologisierte Brille, die unsere Ansichten über die Tierwelt bestimmt, durch eine andere, schärfere aus. In diesem Naturkundemuseum wird ausgestorbener Tieren gedacht – von Dodo, dem flugunfähigen Vogel, bis zum tasmanischen Tiger Benjamin. Dabei werden Konservierungs-, Klassifizierungs- und Darstellungsmodalitäten von der klassischen musealen Institution radikal verschoben. Auf einer Gesamtfläche von 400qm installiert das ZOOLOGICAL INSTITUTE FOR RECENTLY EXTINCT SPECIES seine Version eines Naturkundemuseum, das über den Verlauf des gesamten Festivals geöffnet ist und wo allabendlich Performances stattfinden.

DATEN [Mi] 05.06. bis [Sa] 15.06./ an allen Vorstellungstagen ab 18:00, in englischer Sprache
ORT, PREIS Vorhalle, 3 Euro (inkl. HUMAN ZOO)


© Jozef Wouters
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Jecko Siompo, Papua-Neuguinea
In front of Papua


Der papua-neuguineische Choreograf Jecko Siompo findet mit seinem Animal Pop eine eigene Antwort auf die romantische Sicht seines kolonial-gebeutelten Landes: Den oft als primitiv stereotypisierten Stammesformen der Papua-Kultur stellt er seine Choreografien gegenüber, die sowohl Stammestänze als auch westliches, zeitgenössisches Breakdance Vokabular miteinander mischen. Als kritische Kommentare zu westlich dominierten Wissenschaftshierarchien entwirft er aberwitzige Tanzthesen, z.B. über die Herkünfte des Hip Hops (zuletzt auf Kampnagel beim LIVE ART FESTIVAL 2011 mit WE CAME FROM THE EAST), die gleichzeitig die Grenzen von Hoch- und Popkultur aufbrechen und seine Stücke für ein breites Publikum zugänglich machen. Jecko Siompo versteht Choreografie als verbindendes Glied zwischen Mensch, Raum und Ritual. IN FRONT OF PAPUA kontrastiert allegorische Situationen am Ufer des Dschungels mit kargen Stadtparkanlagen, in denen Jugendliche aufeinander treffen.

DATEN [Mi] 05.06. bis [Sa] 08.06. / 20:00/ Europapremiere
ORT, PREIS k6, 32/ 24/ 12 Euro (erm. 8 -12 Euro, [k] Karte 6 - 16 Euro)


© Jecko Siompo
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Institut für Hybridforschung, Hamburg
Back to the Bone


Die bildende Künstlerin Corinna Korth gründete das Institut für Hybridforschung, um jenseits eindeutiger Mensch-Tier-Zuschreibungen den aktuellen Stand in Sachen Hybrid-Kultur performativ zu untersuchen. Ihre jüngste Forschung brachte sie unter anderem nach Rumänien, genauer gesagt ins sagenumwobene Transsilvanien. Dort gibt es den Mythos der Werwölfe – und jede Menge Dracula-Merchandise für Touristen. Auf den Spuren der Tiermenschen ging Corinna Korth in die Knie und lernte taumelnd zwischen Wildnis und Zivilisation ungeahnte Seiten der rumänischen Wirklichkeit kennen. In BACK TO THE BONE verschmilzt Reales mit Imaginärem und Menschliches mit Tierischem in einer Demonstration, die einem die Haare zu Berge stehen lässt.

VON UND MIT Corinna Korth

DATEN [Mi] 05.06. bis [Sa] 08.06. / 19:00, Uraufführung
ORT, PREIS p1, 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)


© Corinna Korth
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David Weber-Krebs & Maximilian Haas, Brüssel/Berlin
Balthazar


Die choreografische Performance des belgischen Regisseurs David Weber Krebs und des Dramaturgen Maximilian Haas experimentiert an der Grenze zur menschlichen und tierischen Kunst des Handelns. Der Esel BALTHAZAR ist Protagonist und Projektionsfläche – soweit im Theaterdiskurs nichts Neues. Was aber BALTHAZAR von herkömmlichen Tieren im Theater unterscheidet, ist, dass er weder Dekoration noch domestizierter Diener ist, sondern Zentrum des Geschehens steht. Während seine namenlosen menschlichen Mitperformer die Bühne immer wieder begehen und verlassen, bleibt er die ganze Zeit über im Zentrum und bestimmt die Taktiken des jeweiligen Abends. BALTHAZAR ist ein künstlerisch-theoretisches Projekt, das aus einer Serie von drei Performances in verschiedenen Städten und einem Buch besteht. Es verhandelt unser kulturelles Verhältnis zu Tieren mit den Mitteln des Theaters, untersucht Bedingungen von Zusammenleben und Zusammenarbeit mit Tieren und fragt, was wir mit ihnen und durch sie geworden sind.

DATEN [Do] 06.06. bis [Sa] 08.06. / 21:00, Deutschlandpremiere
ORT, PREIS k4, 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)


© Maximilian Haas
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ANTONIA BAEHR, BERLIN    
Abecedarium bestiarium / Affinitäten in Tiermetaphern


Das ABECEDARIUM BESTIARIUM der Choreografin Antonia Baehr ist eine Performance über Interspezies-Beziehungen, mit kritischem Blick auf Anthropozentrismus und binäre Denkmodelle aller Gattungen, wie Natur/Kultur oder Mann/Frau. Baehr beauftragte Verwandte, Künstlerfreunde und Wissenschaftler, ein kurzes Solostück über ein ausgestorbenes Tier ihrer Wahl für sie zu entwickeln, mit dem sie sich verwandt fühlen und mit dem sie ihre Freundschaft zur Berliner Choreografin verbinden. Dabei steht jedes Tier für einen Buchstaben: S wie die friedliche Stellarsche Seekuh, die sich keinem Angriff entgegenstellte; oder T wie der Tasmanische Tiger, ein Beutelwolf, der sich im Zoo nicht fortpflanzen mochte. In einer für das Publikum begehbaren Bühne und mit Hilfe unterschiedlichster Medien interpretiert Antonia Baehr ihr Verschwinden und Andersseins. Die Sichtbarmachung dieser närrischen Affinitäten lässt jede Zuschreibung von Spezie, Geschlecht, Rasse oder Epoche obsolet erscheinen.

DATEN [Mi] 12.06. bis [Fr] 14.06. / 19:30, ca. 75 min.
In englischer, französischer und deutscher Sprache
ORT, PREIS k1, 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)


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Martin Nachbar, Berlin
Animal Dances


Dass Humor und ernste wissenschaftliche Recherche sich keinesfalls ausschließen, beweist Martin Nachbar mit seinen ANIMAL DANCES. Auf der Grundlage ausführlicher Recherche, Interviews mit u.a. Tierdompteuren, Jägern und Haustierbesitzern, und Beobachtungen aus Fauna und Flora haben sich Nachbar und seine Tänzer in körperliche Mimikry zu Tieren begeben, um herauszufinden, welche Beziehungen und Bezüge wir, städtische Tiere des 21. Jahrhunderts, zu anderen Tieren haben. Entstanden sind »Tiertänze«, die sich aktiv der verbindenden Körperlichkeit von Mensch und Tier zuwenden, indem sie Tiere und ihre Gesten imitieren. Was ist an uns tierisch bzw. nicht-menschlich? Und: Könnte es sein, dass Tanz die privilegierte Kunstform bzw. das probate Mittel ist, nach Möglichkeiten zu suchen, sich so zu verhalten, zu fühlen und zu denken wie Tiere es eventuell auch tun? ANIMAL DANCES versucht die zeitgenössischen Beziehungen zu Tieren durch Tanz transparent zu machen und mit ihnen zu spielen.

DATEN [Do] 13.06. und [Fr] 14.06. / 21:00
ORT, PREIS k2, 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro )


© Anja Kühn
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BAU!BAU!, Wien
Habitat hamburg / Unruly creatures


Bau!Bau! nimmt die zeitgenössische These der Implosion von Natur und Kultur zum Anlass, um Fragen nach Tieren und dem Lebendigen in urbanen Konstellationen zu stellen: Wer ist Teil der Stadt und
wem gehört sie? Wer leistet Widerstand und vor allem wie? Nachdem das Thema vorab anhand von Fallstudien zu Wien, der »Biosphäre 2« in Arizona und der Roma-Siedlung »Klein-London« in der serbischen Vojvodina theoretisch gründlich aufgearbeitet wurde, wendet sich
Bau!Bau! nun in Hamburg der praktischen überprüfung dieser Ideen zu: Hier gilt Donna Haraways Diktum, dass die Beziehung die kleinste Einheit der Untersuchung ist. Dazu kartiert Bau!Bau!, wie bestimmte Spezies in Hamburg nicht nur soziale, symbolische und territoriale
Grenzen überschreiten, sondern als »unruly creatures« die Bühne des Politischen betreten: von terroristischen Taubengeschwadern bis zu räudigen Rattenparties. Das Dossier und die Ergebnisse der Hamburger Feldforschung werden im Rahmen eines performativen
Settings präsentiert. Bau!Bau! ist ein Forscherduo bestehend aus dem Theoretiker Fahim
Amir und der Architektin Christina Lindtortner.

DATEN [Mi] 05.06. bis [Sa] 08.06. / ab ca. 22:00
ORT, PREIS kmh, Eintritt frei

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IG ÖK.O., Wien / Hamburg
Piazza funghi / RaumInsert


»The function of mushrooms is to rid the world of old rubbish«, sagte John Cage. Von der Wissenschaft zwischen Pfl anzen und Tieren hin und hergeschoben, keiner Klassifikation zuordenbar, verbinden ihre Myzele die Dinge dieser Welt. Ihr Schleim überzog den jungen Planeten, als von Domänen und Reichen noch keine Rede war. In Gräbern und dunklen feuchten Ecken sprießen Fruchtkörper, lassen an Tod und Vergänglichkeit denken oder neuerdings an Recycling und Nachhaltigkeit. Die Pilzbrut hat sich überall eingenistet.
Wie auch Pilze steht die PIAZZA FUNGHI buchstäblich zwischen den Stühlen, oder neben der Bar – ein Rauminsert als überdimensionales Grow-Kit zwischen Grimms Märchen und Goa-Partykeller. Ihre Sporen lassen jedenfalls niemanden unbeteiligt und wer will, kann gerne auch mal naschen. Äonenalte Psychedelik, mit Multimedia-
Grüßen aus den 90ern: »Pilze gibt es groß und klein, mögest du ein Glückspilz sein.«

DATEN [Do] 13.06. bis [Sa] 15.06. / 20:00
ORT, PREIS kmh, Eintritt frei

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Occupy species – die explodierte universität
KONGRESS


Der Wiener Philosoph und Kunst-Attentäter Fahim Amir lädt internationale Positionen zum gegenseitigen Schlagabtausch an der temporär installierten EXPLODIERTEN UNIVERSITÄT ein. Für zwei Tage üben sich VertreterInnen der Animal Studies in der Kritik der politischen Zoologie. Die Riege der sich hier versammelnden Denker, Forscher und Aktivisten reicht von Disziplinen wie Philosophie, Insektenkunde und Literaturwissenschaft über African Diaspora Studies zu Queer Theorie und Soziologie. Mit Tieren lässt sich gut denken, meinte einst der Anthropologe Claude Lévi-Strauss. Die EXPLODIERTE UNIVERSITÄT legt noch einen drauf: Nur mit Tieren lässt sich gut politisch denken. Die EXPLODIERTE UNIVERSITÄT bringt akademische Routinen zum Stottern und die Möglichkeiten des Theaters gegen das Sinnlichkeitsregime traditioneller Bildungseinrichtungen in Stellung.

DATEN [Fr] 14.06. und [Sa] 15.06. / 11:00- 18:00
PREIS Tagesticket 15 Euro/ Kongressticket 30 Euro

GORILLAS AM HEBEL: DIE TIERGEISTER DES KAPITALS


In keiner zeitgeschichtlichen Epoche wurden so viele Tiere getötet und auf so elende Weise gehalten, wie seit Beginn des Kapitalismus. Fakt. Vom Philosophen Adorno ist dazu das Diktum überliefert, dass Marx den Tieren nicht einmal vergönnt hätte, ausgebeutet zu werden.
Mit und gegen Marx wird hier das Gegenteil in Angriff genommen: Denn Tiere sind nicht nur Objekte menschlicher Zurichtung, sondern auch Subjekte, deren Geschichte und Kampfformen mit denen der Menschen auf zahllose Weisen verbunden sind. In Solidarität mit der Dekolonisierung des Denkens geht es hier um nichts weniger als ihre posthumanistische Fortsetzung: die Provinzialisierung des Menschen. Während beispielsweise DINESH WADIWEL in Hamburg argumentieren wird, dass Marx und moderne Machttheorien es ermöglichen, auch den Widerstand von Tieren zu denken, geht FAHIM AMIR der These von Tieren als autonomem Teil lebendiger Arbeit nach und ALASTAIR HUNT führt aus, wie Ästhetik und Revolte das menschlichen Monopol auf politische Subjektivität erschüttern.

Vorträge
DATEN
[Fr] 14.06/ 11:00 – 18:00
PREIS Tagesticket: 15€, Kongressticket: 30€

MARX, FOUCAULT AND ANIMAL RESIStANCE
TO BIOPOLItICAL COMMODIFICAtION
Dinesh Wadiwel, Sydney
(Vortrag in englischer Sprache)

ZOOPERAISMUS: ȆBER DEN TOD HINAUS LEISTETEN
DIE SCHWEINE WIDERSTAND…«
Fahim Amir, Wien


WE ARE ALL POLITICAL ANIMALS
Alastair Hunt, Portland
(Vortrag in englischer Sprache)

LEARNING FROM… KÖRPER, ARBEIt, AFFEKTE:
THE HOUSE OF (NO)-PAiN: UN / GETEILTES LEID


Tiere dienten immer schon als Lerntafel: Von der klassischen Tierfabel bis zu Tierversuchen im medizinisch-industriellen Komplex. Zugleich lösen ihr Körper und ihr Verhalten Gefühle aus. Diesen Beziehungen geht dieser Themenblock nach: HELENA PEDERSEN stellt eine posthumanistische Analyse der Ausbildung von Tierärztinnen vor und zeigt wie in der als »harte« Naturwissenschaft geltenden Veterinärmedizin
körperliche und sinnliche Affekte mobilisiert werden. KERSTIN WEICH, die selbst in der Fort- und Weiterbildung von Tierärzten tätig ist, untersucht aktuelle Veränderungen des guten Tötens, wenn beispielsweise Tierarztpraxen Sterbezimmer einrichten und sich die Familie von ihrem Haustier verabschiedet. In die Vergangenheit blickt KIM SOCHA bei ihrer Gegenüberstellung von Avantgarde-Performances und Tier-Aktivismus im Hinblick auf den Einsatz erotisierter weiblicher Körper. ZAKIYYAH JACKSON hingegen
blickt in die Zukunft, genauer gesagt in die Arbeit der feministischen schwarzen Science Fiction Autorin Octavia Butler, bei der die Peruanische »Bremse«, ein kleiner Parasit, als Kritik eurozentrischer Phantasien auftaucht.

PARASITIC PEDAGOGIES AND THE MATERIALITIES
OF AFFECT
Helena Pedersen, Malmö
(Vortrag in englischer Sprache)

VOM GUEN TÖTEN:
ZUR INNENARCHITEKTUR DES EINSCHLÄFERNS
Kerstin Weich, Wien


THE FUTURE IS A PARASITE: INTER-SPECIES
HOST(ILITY) AND EMBODIED SUBJECTIVITY IN OCTAVIA
E. BUTLERS BLOODCHILD
Zakiyyah Iman Jackson, Charlotteville
(Vortrag in englischer Sprache)

BODY BARTERING: WOMEN, ANIMALS AND
PERFORMATIVE PERIMETERS
Kim Socha, New York
(Vortrag in englischer Sprache)

IM ANSCHLUSS DISKUSSION
mit dem Choreografen Martin Nachbar, Berlin



Vorträge
DATEN
[Sa] 15.06/ 11:00 – 18:00
PREIS Tagesticket: 15€, Kongressticket: 30€

DAS TIER SO QUEER ODER CAN YOUR PUSSY DO THE DOG?

Galten Tiere lange Zeit als plausibelste Beispiele und Beweise für die »natürliche« Ordnung der Geschlechter, erzeugen schwule Pinguine und vielgeschlechtliche Organismen mittlerweile immer mehr Erklärungsbedarf. Die Vorträge dieses Themenabschnitts gehen der Frage nach der Beziehung zwischen Queerness und dem Denken über Tiere nach. So untersucht JUDITH HALBERSTAM das Verhältnis zwischen Tieren und Anarchismus bei Vorstellungen des Wilden und CARMEN DELL‘AVERSANO führt die Folgen queerer Kritik für verbreitete Vorstellungen
von Tierrechten aus.

THE WILD: HUMANS, ANIMALS, ANARCHY
Judith »Jack« Halberstam, Los Angeles
(Vortrag in englischer Sprache)

»QUEERER THAN WE CAN IMAGINE«. ANIMAL RIGHTS
AS THE TEST CASE FOR QUEER ETHICS AND POLITICS
Carmen Dell‘Aversano, Pisa
(Vortrag in englischer Sprache)

IM ANSCHLUSS DISKUSSION
mit Antonia Baehr, Berlin


DAS ANDERE DER TIERE
/ 13:30


Wenn es in den Animal Studies heißt, dass das Tier in der Moderne als das »Andere« des Menschen konzipiert worden ist, stellt sich die Frage, ob nicht Insekten als das »Andere« der Tiere fi rmieren. DIE EXPLODIERTE UnIVERSITÄT reißt sie exemplarisch aus dem Schattendasein, das sie auch in den Animal Studies fristen: Als oftmals ent-individualisierte Akteure einer anderen Ordnung nehmen sie eine Zwischenposition ein, die Technologien, Systeme und Medien mitunter näher zu stehen scheint als anderen Tieren, wie JUSSI PARIKKA zeigt. WERNER PIEPER führt wiederum in die Welt der verzaubernden und giftkillenden Lichtwesen ein – der Leuchtkäfer; und als Zugabe gibt es noch ein paar Kakerlaken-Geschichten. Zum anderen handelt es sich bei den Animal Studies selbst um ein Projekt von den »Anderen« der Tiere: den Menschen. Nach dem Vortrag von VASILE STANESCU (Critical Animal Studies Series) diskutieren VertreterInnen der Animal Studies die wichtigsten Herausforderungen dieses Feldes zwischen ersehnter Systemintegration in den Universitätsbetrieb und radikalem Begehren nach Transformation der Verhältnisse.

TEIL 1: INSEKTEN

INSECT MEDIA, ANIMAL THEORY
Jussi Parikka, Turkuu


UNSERE (VER-)WUNDERLICHEN, VERZAUBERNDEN, GIFTKILLENDEN UND SEXBESESSENEN LICHTWESEN
Werner Pieper, Heidelberg


TEiL 2:
WHAt (IF ANYtHING) CAN JUSTIFY ANIMAL STUDIES
/ 16:00


NEW WEAPONS – BIOPOLITICS, DIRECT ACTION AND THE MYTH OF CONSENT
Vasile Stanescu, Stanford


ROUND TABLE: DISKUSSION

TRANSSPEZIES-SOLIDARITÄT IN EINER POST/KOLONIALEN WELT
/ 18:00

Tiere spielten sowohl für die reale Durchsetzung des Kolonialismus als ökonomische und politische Praxis als auch für die ideelle Ermächtigung des Rassismus eine zentrale Rolle. Seine Erben und Wiedergänger mischen sich auch heute unter uns: Gruppen, die nicht der Mehrheitsbevölkerung angehören, wird in vielen westlichen Ländern unterstellt, zu Tieren besonders grausam zu sein oder überhaupt die falschen Tiere zu essen. Die Romantisierung des Mensch-Tier-Verhältnisses bei sogenannten »UreinwohnerInnen« wirkt dabei nur wie die andere Seite derselben kultur-rassistischen Medaille. Das LIVE ART FESTIVAL dreht den Spieß um und stellt beispielgebende Theorien und Praktiken aus postkolonialen Welten vor: So
findet CLAUDIA LEITNER beim argentinischen Schriftsteller und Intellektuellen Julio Cortázar ein »Aal-Werden, Bild-Werden, Migrant-Werden«, das die radikalsten europäischen Philosophien vorwegnimmt. NADIA FARAGE hingegen arbeitet heraus, wie die Vertreibung
der Hunde von den Straßen Rio de Janeiros zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts auf Widerstand von ArbeiterInnen und Slumbewohnern stieß.

AAL-WERDEN, BILD-WERDEN, MIGRANt-WERDEN:
JULIO CORTÁZAR REPROGRAMMIERT LITERATUR UND LEBEN (1972)
Claudia Leitner, Wien


NO COLLAR, NO MASTER: WORKERS AND ANIMALS IN
THE MODERNIZATION OF RIO DE JANEIRO
Nadia Farage, Sao Paulo
(Vortrag in englischer Sprache)


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Free species – lange Nacht der Befreiung

Unter dem Titel FREE SPECIES präsentieren Hamburger Performance-Künstler auf dem gesamten Gelände des Kampnagel-Biotops Arbeiten zum Thema Tier-Befreiung. Zum Abschluss des Festivals werden alle Grenzen der herrschenden zoologischen (An-)Ordnung gebrochen
und durch performative Strategien der hiesigen Künstler ersetzt. Internationale Künstler, die die gesamte Festivalzeit über in Käfigen ausharrten, werden von ihren Hamburger Artgenossen befreit. Besucher und Mittäter erleben, wie die gesamte Dramaturgie des Festivals in dem Befreiungsakt kulminiert und Energie für neue Ansätze frei gesetzt wird. Dreißig Hamburger Performer und Gruppen widmen sich dem Tier und seiner menschlichen Spezies. DIE LANGE
NACHT DER BEFREIUNG zeigt verschiedene Positionen u.a. von Branko Miliskovic, Das Sigmund-Lachs-Institut Hamburg, Ligna und Studierenden der Klassen »Zeitbezogene Medien« der HFBK Hamburg und vielen anderen.

DATEN [Sa] 15.06. / ab 21:30
ORT, PREIS alle Hallen und das gesamte Kampnagelgelände, 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)


© Conny Winter
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PERFORMANCE FORCE, HAMBURG
Avant-Gardening: Dragon Style


Gärten sind Biotope und Sehnsuchtsorte zugleich, als Oase sind sie eine Ruheinsel von der Hektik des Alltags. Gleichzeitig sind sie Forschungslabor, Nahrungsspender, Schönheitsideal und Quelle des Rausches. Der AVANT-GARDEN erleichtert Biotopisten und Psychonauten den Einstieg in magische Welten und Botaniker und Besucher können im Schlund des Drachen lustwandeln.

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BÉATRICE JOSSE, BRÜSSEL
Opening the Nothing


In der Reflektion über die Kunst der Performance spukt der Geist der Flüchtigkeit. So manch einer kann sich einfach nicht damit abfinden, dass die Performance ein unwiederbringlicher Moment ist, ein anderer legt mehr Wert auf das Erleben denn auf das Festhalten der Kunst. Die wandernde Ausstellung OPENING THE NOTHING operiert mit den Fragen: Wie kann man Performancekunst archivieren? Welches ist das adäquate Mittel, um den vergänglichen Moment einer Vorstellung für die Nachwelt zu erfassen? Kann man die repräsentative Kraft eines Bildes umgehen? (Wie kann man den Fetisch der Archivierung meiden?) Was bleibt von der Performance übrig, wenn ihre Bilder verschwinden? Auf der Grundlage von Bildmaterial der LIVE ART FESTIVAL-Partner aus den letzten fünf Jahren hat die belgische Künstlerin Béatrice Josse einen lebendigen Bilder-Katalog zusammengestellt, der mit dem Paradoxon der archivierten Performance arbeitet.

DATEN [Mi] 05.06. bis [Sa] 15.06.
ORT, PREIS Meisterbude, Eintritt frei

Homepage kampnagel

KAMPNAGEL