Freitag, 01. März 2013

KAMPNAGEL MÄRZ 2013

FOKUS FRANKREICH

DAS ANDERE IN UNS /
L’AUTRE EN SOI
20. – 24. MÄRZ 2013


Über fünf Tage richten französische und deutsche Künstler mit aktuellen Choreografien und (Konzert-) Performances den Fokus auf Freundschaft, Fremde und Territorium. Der thematische Schwerpunkt DAS ANDERE IN UNS / L’AUTRE EN SOI lädt das Publikum ein, sich ästhetisch, politisch und sozialwissenschaftlich mit den spezifischen Verbindungen sowie den dominanten Kräften der Partnerländer Deutschland und Frankreich auseinander zu setzen und über die eigenen Grenzen hinaus zu denken. 50 Jahre Elysée-Vertrag im Jahr 2013 geben den Auftrag nicht zum Gedenken, sondern zum ›Wiederdenken‹ des deutsch-französischen Verhältnisses. Was ist es, das verbindet und unterscheidet, bzw. das Eigene und Fremde definiert?

DATEN (Mi) 20.03. bis (So) 24.03.
ORT, PREIS verschiedene Hallen, Kombiticket »Carte d'identité«: 30 Euro (erm. 15 Euro)



LAURENT CHÉTOUANE, BERLIN
M!M

Laurent Chétouane, der vermutlich intellektuellste Bewegungsdenker zwischen Deutschland und Frankreich, eröffnet das Festival mit der Frage nach Freundschaft. Seine Tänzer Matthieu Burner und Mikael Marklund, bekannt aus Chétouanes letzten Stücken O und SACRÉ SACRE DU PRINTEMPS auf Kampnagel, lernten sich erst während des Probenprozesses zu M!M kennen. Ob sich daraus eine private oder persönliche Beziehung ergeben hat, bleibt ihre Sache, in M!M verhandeln sie die politischen Implikationen von Freundschaft. Dabei gehen sie den Gemeinsamkeiten von Politik und Tanz auf den Grund, insbesondere Fragen nach Territorium und der Grenze des gemeinsamen Raumes, nach der Organisation des Zusammenlebens und bestehenden Differenzen. Dem Credo folgend, dass Choreografie etwas Allgemeines beschreibt, das den tanzenden Körper mit einbindet, experimentiert M!M mit der topologische Bedingtheit von Freundschaft und versteht sich als eindeutige Antwort auf die Frage, ob Tanz politisch ist.

DATEN (Mi) 20.03. / 19:00
ORT, PREIS k1, 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)



ANTOINE DEFOORT UND JULIEN FOURNET, LILLE/BRÜSSEL
CHEVAL

CHEVAL ist eine Show populärwissenschaftlicher Extraklasse von den französischen Performer-Multitalenten Antoine Defoort und Julien Fournet. Von Haus aus Mathematiker und Philosoph haben sie das Experimentieren und die wissenschaftliche Genauigkeit im Blut; nur das mit den Konventionen nehmen sie nicht allzu ernst: Bei ihrem Parforceritt à la »Musikwissenschaft leicht gemacht« werden Gitarren als Tennisschläger und Ballons als Musikinstrumente benutzt, zahllose Zitate gestreift von Michaels Jackons »Billy Jean« bis Twin Peaks; es wird bewiesen, was Joghurt mit Musik verbindet, und weiter und weiter vom Hundertstel ins Tausendstel parliert. Der Allround-Abend CHEVAL verbindet Forschung mit Komik, erzählt uns was vom Pferd und darüber hinaus von dem grandiosen und absurden Erfindungsreichtum dieser unwiderstehlichen Anti-Nerds.


©Guillaume Schmitt

DATEN (Mi) 20.03. bis (Do) 21.03. / 20:00, 65 min.
ORT, PREIS k2, 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)



JEAN-LOUIS COSTES, PARIS
LA SORCIÈRE ET LES MORTS

Das Enfant terrible unter den Provokateuren der Performanceszene Frankreichs kommt erstmals nach Hamburg: Jean Louis Costes ist berühmt für exzessive, verstörende, pornografische und in alle Richtungen aneckende Konzertshows, denen er stets das Deckmäntelchen der Meinungsfreiheit vorhält. Für seine unzähligen Songs, Filme, Konzerte und Texte gewinnt er seit 25 Jahren regelmäßig die volle Aufmerksamkeit seiner Kritiker und erntet haufenweise Klagen vor Gericht. Wenn er für andere vor die Kamera tritt, dann für Klassiker wie „Baise-moi“ von Virginie Despentes oder „Irréversible“ von Gaspar Noés. In seiner Minioper LA SORCIÈRE ET LES MORTS spielt er einen Mann, der von drei Marionetten namens Mama, Papa und Oma verfolgt wird und die ihn zwingen, seine verunglückte Jugend noch einmal zu leben. Seine einzige Möglichkeit ist die Flucht in eine Zukunft ohne Vergangenheit. Von sich selbst behauptet Costes, er sei immer der Fremde, auch in seiner Familie.

DATEN (Sa) 23.03. / 22:00, 50 min.
ORT, PREIS kmh, 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)



GINTERSDORFER/KLASSEN, HAMBURG/BERLIN
DIE BÜHNE IST MEIN WALD

Das Künstlerduo Gintersdorfer/Klaßen hat über die Jahre einen sehr eigenen Stil entwickelt, für den es mehrfach ausgezeichnet wurde. Neben einem festen Ensemble von deutschen und ivorischen Performern stehen immer wieder auch Gäste auf der Bühne, diesmal der Hamburger Schauspieler und Richter Dietrich Kuhlbrodt. Mit ihm teilt das Team den Kick an der freien Formulierung und eine partielle Unberechenbarkeit, mit der die jeweilige Vorstellung von Welt vertreten wird. Die BÜHNE IST MEIN WALD handelt von individueller und kollektiver Psyche, Trance und Traumdeutung, Vorstellungen von Geschlecht, Impotenz und Tod im interkulturellen Vergleich. Hauke Heumann konfrontiert sich mit der Psychoanalyse aus linguistischer und therapeutischer Sicht, während Franck E. Yao die Kategorie des Unbewussten durch die konkrete Kommunikation mit Toten und Geistern ersetzt. An drei Tagen finden in einer engen räumlichen Situation verschiedene Sitzungen mit schlankem Materialeinsatz statt. Es geht um ein konzentriertes Vollziehen von Handlungen, die sowohl aus gelebten Riten stammen als auch performative Setzungen sind.


© Knut Klaßen

DATEN (Fr) 22.03. bis (So) 24.03. / 20:00
ORT, PREIS , 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)



MICKAËL PHELIPPEAU, BLOIS
CHORUS

Wahre Begegnungen mit Menschen aller Disziplinen und Herkünfte sind Mickaël Phelippeaus Lieblingsbeschäftigung. Der sympathische französische Choreograf, den man schon von Weitem an seiner Lieblingsfarbe Gelb erkennt, arbeitet seit Beginn seiner Serie »Bi-Portrait« choreografisch am unmittelbaren, unhierarchischen Austausch u.a. mit Priestern, Volkstanzchoreografen und ehemaligen Schauspielern. Für CHORUS inszeniert er den 24-köpfigen A Capella-Chor Voix Humaines. Er stellt das Ensemble als chorischen Körper dar, der sowohl Stimme als auch Bewegung ist. Während konstant das berühmte »Nicht so traurig, nicht so sehr« von J. S. Bach erklingt, formiert sich der Chor in verschiedenen Konstellationen auf der Bühne: Der Einzelne in der chorischen Gemeinschaft, die gemeinsame Bewegung und auch das Bewegtwerden von Körpern durch Musik werden erkennbar. CHORUS ist auf reduzierte und gleichzeitig monumentale Weise ein Bild der menschlichen Gemeinschaft.


© Alain Monot

DATEN (Sa) 23.03. bis (So) 24.03. / 20:00, 60 min.
ORT, PREIS , 17 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 8,50 Euro)



THEATER


ZUSAMMEN.BRUCH 2013
ABSCHLUSSARBEITEN DER THEATERAKADEMIE HAMBURG



KATHIA VON ROTH
[MO:BILE]

Ein Unterfangen im Jetzt mit drei Spielern. Es bleibt nur wenig Zeit. Alle Faktoren zählen. Die Logik kreiert den Moment. Das Resultat ist jeden Abend anders. Es ist unser aller Zeit, die in jeder Sekunde verrinnt; das Kostbarste, was wir haben.»Was tust du da?«

DATEN (Fr) 01.03. bis (So) 03.03. / 19:30   
ORT, PREIS , 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)



MARTIN GRÜNHEIT
DER STURM NACH WILLIAM SHAKESPEARE

Eine Insel. Besetzer, Besitzer, Besatzer. Jeder ist sich seiner selbst gewiss, aber nicht des Andern. Weltbilder, Wahrheiten und Wünsche begegnen sich, werden einander übergestülpt, hinterlassen Spuren. Aufbruch? Keine Frage. Auf der Fahrt in die vorgezeichnete Richtung lächeln wir leise der winkenden Freiheit hinterher.

DATEN (Fr) 08.03. bis (So) 10.03. / 19:30
ORT, PREIS , 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)



LAURA LOUISE BRUNNER
DAS ENDE VOM ANFANG VON SEAN O’CASEY

Ein Tag im Leben von Barry Darril und Darry Barril: Die schwammige Mitte menschlicher Existenz. Der Zauber und die Euphorie des Neuen sind längst verpufft und obwohl an diesem Tag die Welt von Barry und Darry in tausend Teile zerbricht, ist das Ende vom Anfang Alltag. Ein rumpelnder Einakter über den urkomischen, rührend sentimentalen, zum Scheitern verurteilten Kampf zweier Menschen um Ordnung im gewaltigen, gleichgültigen, unaussprechlichen Chaos.

DATEN (Fr) 15.03. bis (So) 17.03. / 19:30
ORT, PREIS , 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)



SARAH KLÖFER
RODOGUNE. VERKEHRTE WELT NACH PIERRE CORNEILLE, LEWIS CARROLL, ZACK SNYDER U.A.

Der Vorhang hebt sich über den Spiegeln. Was wir sehen, glauben wir zu kennen. Kein Zauber, keine Überraschung. Nur unser alter Ego, seitenverkehrt und copy paste. Doch was, wenn aus der Tiefe etwas unsern Blick verstörte? Eine unheimliche Fremde, uns entgegentretend? »Wir staunen sie an, wie wir ein Monstrum anstaunen; wir danken dem Himmel, dass sich die Natur nur alle tausend Jahre einmal so verirret.« (Lessing über »Rodogune«)

DATEN (Fr) 15.03. bis (So) 17.03. / 21:00
ORT, PREIS , 12 Euro (erm. 8 Euro, [k] Karte 6 Euro)



GEHEIMAGENTUR/RANDOM PEOPLE, HAMBURG
AKTIONEN // ATTRAKTIONEN 

The Cardiff Giant! The Falling Man! The Human Autoscooter! Der Hase im Mond! Performancekunst, Schaustellerei, Spektakel: eine mobile Schaubude auf dem Hamburger Dom, ein wechselndes Ensemble aus lokalen und internationalen Performancekünstlern und -gruppen, ein wöchentlich wechselndes Kurzprogramm in der Tradition der Sideshow, der Illusionsbude und des Wanderzirkus. Zauberei und zeitgenössischer Tanz, Wrestling und Lecture Performance, Re-enactments klassischer Performances und nie zuvor Gesehenes!

MIT goodcopbadcop, Manuel Muerte, Florian Feigl, Augusto Corrieri, red park, Mark Harvey, Otmar Wagner, Joy Harder, God’s Entertainment, Jim Osthaarchic u. v. a.


©Geheim Agentur

DATEN (Fr) 22.03. bis (So) 21.04. (Frühlingsdom), täglich außer montags
ORT, PREIS Dom/Heiligengeistfeld, Karten gibt es nur vor Ort, Preise je nach Angebot und Nachfrage




THEORIE


MANUEL MUERTE, HAMBURG
DER SCHWEBENDE DIWAN – TALKREVUE ZU UNGELÖSTEN FRAGEN

Manuel Muerte, Spezialist für Illusion und Täuschung, untersucht die brüchigen Grenzen der Aufklärung. Unter der Oberfläche unseres Rationalismus verbergen sich unbewusste Handlungen und magische Praktiken. In der neuen Ausgabe der performativen Talkshow dreht sich alles um das Thema Wahnsinn. Veitstänze, Narrenkisten und Tollhäuser, Wahnbilder im Wandel der Zeiten, sogenannte ›entartete‹ Kunst, dionysische Rasereien, Irrsinn, eine kathartische Dämonenaustreibung und Voodoo garantieren einen spannenden Abend, an dem verschrobene Experten auf illustre Musiker treffen. Der SCHWEBENDE DIWAN ist ein Spiel mit Realität und Fiktion, mit Wahrheitssuche und Illusion, das einen anderen Gesprächsraum entwirft, um gesellschaftlich relevante, aber unterbelichtete Themen in ihrer Komplexität zu untersuchen. Entertainment und Wissensproduktion werden durch subversive performative Strategien zu einem Format verbunden. Aktuelle Informationen zu den Special Guests auf der Kampnagel-Homepage.

DATEN (Do) 21.03. / 21:00
ORT, PREIS , 8 Euro ( [k] Karte 4 Euro)



MUSIK



TEXTOR
SCHWARZ GOLD BLAU

Textor, bekannt als eine Hälfte der Hip Hop-Band Kinderzimmer Productions, hat als Rapper immer schon Kopf und Bauch bedient und Musik als Stil-Spielwiese verstanden. Mit seinem ersten Solo-Album »Schwarz Gold Blau«bringt Textor alias Henrik von Holtum nun deutsche Lieder in einen Hip Hop-Flow; Sprache wird hier weich und fließend – ohne den Inhalt zu verlieren: In elf Songs erzählt Textor singend über (s)eine Jugend in Westdeutschland, geprägt vom Vorglühen im Auto vor der Großraumdiskothek und der Erkenntnis: »Die Hölle ist in Sinsheim, sie kann auch in Schwäbisch Gmünd sein, wo auch immer wir hier sind, ich bin nicht für hier bestimmt, fahr mich nach Hause, bitte, bitte fahr mich heim.« Textor singt diese Zeilen mit seinem besänftigenden Bariton, der über ein tiefer gelegtes Tanzorchester gleitet: Auf der Basis einer schlagzeuglosen 40er Jahre-Rhythmus-Section aus Cello, Geigen, Bass und Klavier entstehen hier deutsche Songs von einer musikalischen Weltläufigkeit, die man sonst nur aus der amerikanischen Popmusik kennt.



DATEN (Do) 14.03. / 20:00
ORT, PREIS kmh, VVK 14 Euro (AK 17 Euro)



KICK-ASS-QUEEREEOKÉ

JETZT WIRD’S SAFTIG

So Kinners, schön geträllert für den Anfang, aber KICK-ASS-QUEEREEOKÉ nimmt seinen Bildungsauftrag ernst und begreift sich als Karaoke-Bootcamp mit mehreren Leveln. Das nächste Level entführt in die Welt der heißen Früchtchen, denn jetzt wird’s saftig. Nicht nur Jäger-, sondern auch Sammlerqualitäten braucht es bei der Suche nach den süßen und frechen Früchtchen, die die Stadt bewachsen. Ein(e) Banany am Mikro, Missy spielt himbeergeistreich Musik aus der Fruchtkonserve und schon schüttelt der schöne Sven die zarten Pfirsichbäckchen. Kehlen werden trocken gesungen und wieder schnapsgespült, ein Kreislauf, der nicht unterbrochen werden darf, also: »Gebt uns euren Saft, wir geben euch unseren!« Frucht-Outfit schwer erwünscht!

DATEN (Sa) 16.03. / 22:00
ORT, PREIS kmh, pay as much as you can



MATMOS
THE MARRIAGE OF TRUE MINDS

Die Elektro-Avantgardisten Matmos haben aus Geräuschen von Haareschneiden, Operationen oder neuronalen Aktivitäten von Krebsen Musik gemacht. Damit es nicht langweilig wird, wendet sich das US-Duo nun vom Physikalischen ab und dem Parapsychologischen zu: Das neue Album »The Marriage of True Minds« ist durch Ganzfeld-Experimente entstanden, bei denen Probanden die Augen verbunden und Kopfhörer mit Rauschen aufgesetzt wurden. Den so in ihrer Wahrnehmung Gestörten übermittelte Matmos-Mitglied Drew Daniel das Konzept des neuen Albums telepathisch; aus den Reaktionen der Probanden entstand das wohl erste elektronische Album, das mit Stepptanz beginnt und mit Doom Metal aufhört: In neun Songs streifen Matmos Techno, Latin Music und äthiopischen Jazz mit der Leichtigkeit des Pop und entwerfen so einen Sog aus Sounds, der sowohl als Kunstwerk, Wissenschaftsexperiment oder augenzwinkernde Pop-Platte durchgeht. Die beeindruckende Diversität des Albums entspricht dabei der Vielfalt des Matmos-Paares MC Schmidt und Drew Daniel, die mit unterschiedlichsten Typen und Genres in Berührung gekommen sind: Nach Projekten u.a. mit Björk und der Theatermacherin Young Jean Lee standen sie zuletzt bei Robert Wilsons Produktion »The Life and Death of Marina Abramovic« auf der Bühne – beste Voraussetzungen für ihr Live-Konzert auf Kampnagel in vierköpfiger Besetzung.


©James Thomas Marsh

DATEN (Mo) 25.03. / 20:00
ORT, PREIS k6, VVK 14 Euro (AK 17 Euro)

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