Freitag, 22. Februar 2013

DOROTHEE HALBROCK UND SUSANNE SCHICK: " DAS KUNSTCAMP HÄLT UNS WIRKLICH DAS GANZE JAHR IN ATEM"

Zum siebten Mal findet 2013 der MS DOCKVILLE Sommer im Hamburger Hafen statt. 2007 gegründet, hat er sich als unkonventioneller Rahmen für Kunst und Musik etabliert und zu einer aktiven Plattform für Bands und KünstlerInnen entwickelt. Was mit einem zweitägigen Festival begonnen hat, hat sich mittlerweile auf eine Vielzahl kultureller und sozialer Aktivitäten während des gesamten Sommers ausgeweitet. Der MS DOCKVILLE Sommer besteht aus mehreren ineinander greifenden Bestandteilen. Auf LOKALIKES stellen wir nun regelmäßig verschiedene AkteurInnen des alljährigen, bunten Treibens am Reiherstieg in Wilhelmsburg vor. Für die erste Ausgabe der MS DOCKVILLE Sommer Reihe trafen wir die beiden Künstlerischen Leiterinnen des MS DOCKVILLE Kunstcamps: Dorothee Halbrock und Susanne Schick.



Frage: Liebe Dorothee, liebe Susanne! Ihr beide seid als Künstlerische Leiterinnen das Herzstück des MS DOCKVILLE KUNSTCAMPS. Erzählt uns bitte ein bisschen über Eure Arbeit. Wie bereitet ihr das Kunstcamp vor und was hält Euch während des Camps ordentlich auf Trapp?

D: Manche können es sich nicht vorstellen, aber das Kunstcamp hält uns wirklich das ganze Jahr in Atem. Wir spinnen Kooperationen, spannen Netze, suchen KünstlerInnen und investieren leider auch viel zu viel Zeit in die finanzielle Sicherung des ganzen Projekts: Förderanträge, Materialsponsoring und Gespräche mit unterstützenden Institutionen fressen viel Zeit. In der restlichen Zeit treffen wir aber die unterschiedlichsten, spannenden Menschen, mit denen man gute Projekte ersinnen kann.

S: Je arbeitsintensiver das Projekt Kunstcamp wird, desto mehr Menschen helfen uns dabei. Mitte Juli ziehen wir dann mit allen Beteiligten – KünstlerInnen, HandwerkerInnen, Kreativen und unseren KöchInnen – auf das Gelände in Wilhelmsburg. Dort dann über 50 Personen zu koordinieren, motivieren und zu bekochen ist eine Herausforderung, die uns nicht nur ordentlich auf Trapp hält, sondern uns auch an an den Punkt bringt, unsere eigene Stressresistenz auszutesten. In den Wochen vor dem Kunstcamp und währenddessen arbeiten wir eigentlich 24/7.

Frage: Woran erinnert ihr Euch im Rückblick auf vergangene Kunstcamp Jahre besonders gerne und was erwartet uns 2013? Wird sich etwas ändern?

D: Eines meiner persönlichen Highlights war die Zusammenarbeit von dem Performance-Künstler Jeremy Wade und einem meiner alten Helden von Xiu Xiu, Jamie Stewart. Das war für mich der Inbegriff von Kunstcamp, eine spannende neue Kollaboration verschmilzt auf einer handgemachten Bühne beim Vogelball zu einem einzigartigen Erlebnis für Auftretende wie Gäste.

S: Ich war im vergangenen Jahr das ersten Mal auf Seiten der Produktion mit an Bord – in den Jahren davor war ich "nur" treue Kunstcampbesucherin. Was mich im letzten Jahr ganz besonders beeindruckt hat, war, dass es das Kunstcamp schafft, Menschen unterschiedlicher Professionen an einem Ort zusammen zu bringen und eine Atmosphäre zu schaffen, die ich so noch nie zuvor erlebt habe. Dass einige unserer HelferInnen bereits seit Jahren mitarbeiten und über den Ort Kunstcamp langjährige Freundschaften, Beziehungen und Kooperationen gebildet haben, finde ich großartig. Und dass sich dann jährlich KünstlerInnen aus ganz Europa zusammenfinden und wir als Kunstcamp-Familie mehrere Wochen zusammen leben, arbeiten und feiern und ich viele persönliche Kontakte knüpfen konnte mit spannenden Menschen, entschädigt mich persönlich für die ganzen Überstunden, durcharbeitete Nächte und Budgetkürzungen in den Wochen davor.

D: Im nächsten Jahr werden wir dann nicht nur im Juli und August vor Ort sein, sondern erweitern unsere Aktivitäten – ganz im Sinne unseres Mottos für 2013: "Unkraut!"

S: Ja, wir werden wuchern – nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich. Zusammen mit dem Roskilde Festival wird im April (15.-20.04.) der Roskilde Road Trip stattfinden. Zusammen gestalten wir eine Woche mit Workshops, Konzerten und einer großen Kunstinstallation der Kunstarchitekten-Gruppe UMSCHICHTEN, die die BesucherInnen aktiv mitgestalten sollen.

D: Außerdem wird das Projekt von UMSCHICHTEN auch im Mai und Juni weiterwachsen und das Gelände jedes Wochenende öffnen. Eine Ausstellung zur Historie des Dockvilles und kleinere Konzerte werden dort zu erleben sein und/oder regelmäßig stattfinden.



Frage: Wie kam es zu der Kooperation zwischen dem Roskilde Festival und dem Kunstcamp und worauf sollten sich die Besucher am meisten freuen?

S: Letztes Jahr meldete sich ganz überraschend ein Mitarbeiter des Roskilde Festivals. Er wollte die Macherinnen des Kunstcamps kennen lernen, da er unsere Arbeitsweise sehr spannend fand. Das Roskilde Festival findet seit 1971 statt und – was viele Menschen nicht wissen – ist eine gemeinnützige Institution, die jährlich mit über 30.000 Freiwilligen zusammenarbeitet und sämtliche Überschüsse an gemeinnützige Projekte weiter reicht. Was wir ebenfalls nicht wussten ist, dass seit Jahren auch schon Kunst im Festival integriert wird – Roskilde selbst nennt das "more than music".

D: Wir sind dann im letzten Sommer zum Roskilde gefahren und haben dort viele tolle Menschen kennen gelernt, die in den verschiedensten Bereichen hauptverantwortlich und größtenteils freiwillig arbeiten. Mit dem vielköpfigen Kunst-Team haben wir dann in den letzten Monaten ein Konzept für eine Kooperation erarbeitet und bereiten seit über einem halben Jahr einen Austausch vor. Wir haben gemeinsam mehrere KünstlerInnen und Performance Artists eingeladen, die sowohl in Hamburg im Rahmen des Roskilde Road Trips als auch beim Dockville Kunstcamp und auf dem Roskilde Festival aktiv sein werden.

S: Neben dem Austausch von KünstlerInnen werden wir auch einen Austausch von Freiwilligen starten. In der Woche vom Roskilde Road Trip werden Dänische Freiwillige mit Menschen aus Hamburg zusammenarbeiten und an den Workshops teilnehmen. Den Gegenbesuch machen wir dann zusammen mit einer Delegation von Hamburger Freiwilligen zum Roskilde Festival Ende Juni. Auf diesen kleinen Betriebsausflug zum großen Festival freue ich mich ganz besonders.

Frage: Welche Wünsche habt ihr für das Kunstcamp 2013?

D&S: Mehr Geld!  
D: Nein im Ernst, wir würden uns tatsächlich eine längerfristige Planungssicherheit wünschen, aber vor allem auch, dass wir in diesem Sommer noch ein vielfältigeres Publikum zum Kunstcamp locken, zusätzlich zu unserem treuen Stammpublikum.

MS DOCKVILLE Kunstcamp – Konzertabend from Tim Kaiser on Vimeo.

Jeremy Wade & JAMIE STEWART von XIUXIU (Performance) from MS Dockville Festival on Vimeo.

MS DOCKVILLE Sommer 2012 from Tim Kaiser on Vimeo.



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Fotos vom Dockville: © Sarah Bernhard.

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