Mittwoch, 12. Dezember 2012

NIRIU STELLT VOR: TAUSCHWERT

Anna, Johanna und Telse sind die Gründerinnen von TauschWert, einer Plattform, die sich dafür einsetzt, das Tauschen als alternatives Medium zu etablieren. Dreimal im Jahr organisieren sie RauschRock, ihre Kleidertauschveranstaltung , wo jeder seine alte Kleidung mit anderen Menschen tauschen kann. Hier erklären sie uns, welche Vorteile man vom Tauschen hat und warum sich immer mehr Menschen für solche Veranstaltungen interessieren. Viel Spaß beim Lesen!

Wer seid ihr und wo kommt ihr her?
Anna und Johanna: TauschWert besteht aus drei Mädels mit ähnlichen Lebenseinstellungen: Anna, 30, aus Hamburg, Sozialpädagogin, Johanna, 30, aus Köln, auch Sozialpädagogin und Telse, 32, aus Hamburg, von Beruf Veranstaltungskauffrau. Wir haben alle drei neben unseren regulären Berufen unsere Steckenpferde. Anna tritt zum Beispiel unter dem Namen heart.art auf und näht in einer Werkstatt. Johanna schreibt auf dem Blog Joimo rund um die Themen Tanzen und Theater.

Wie würdet ihr das Konzept von TauschWert in wenigen Worten beschreiben?
A&J: Im Zentrum von TauschWert steht der Austausch mit anderen Menschen. Wir versuchen, auf Geld zu verzichten und stattdessen das Tauschen als Medium einzusetzen. Natürlich sind wir vom Geld immer abhängig, aber das Tauschen bietet nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische und nachhaltige Vorteile. Seitdem wir RauschRock, unsere offline Tauschveranstaltung machen, haben wir selber ganz viel an unserem Lebensstil zum Positiven geändert: Wir kaufen fast gar keine Kleidung mehr. Darauf zu achten, bewusst zu konsumieren, kann viel Spaß machen und hat für uns einen höheren Wert als reiner Konsum.

Scheint euch das Thema heutzutage relevanter zu sein?
A&J: Absolut. Wir merken, dass immer mehr Leute unsere TauschPartys besuchen. Es gibt eine neue Offenheit für solche Ideen. Das war in den vergangenen Jahren anders. Gerade in einer Zeit, wo viele Leute weniger Vertrauen in das Finanzsystem haben, werden sie anderen Tauschmitteln als Geld zugänglicher. In diesem Sinne ist das Tauschen für viele eine gute Alternative. Und weil das Tauschen beidseitig ist, ist es ein viel interaktiverer Vorgang als das Bezahlen mit Geld und bringt die Leute im echten Leben in Kontakt.

Wie sieht ein typischer RauschRock aus?
A&J: Dreimal im Jahr findet RauschRock statt, jedes Mal an einem anderen Ort. Wir laden Leute über unseren Blog, Newsletter und unsere Facebook-Seite ein. Jeder darf kommen, von Frauen, Männern, Senioren bis hin zu Babys. Der Eintritt kostet 1 Euro (nicht für Babys!), davon decken wir die Raummiete.
Leute kommen mit ihren Rucksäcken voller Kleidung, die sie nicht mehr tragen wollen, aber sauber und halbwegs heil aufbewahrt haben. Diese sortiert man auf unseren Kleiderstationen ein. Es gibt keine Regel, wie viele Kleidungsstücke man mitbringt oder nimmt: Wir sind hier anarchistisch und sehen diese Party wie einen freien und lockeren Tausch. Leute tauschen wie wild in den vier Stunden und gehen nachher mit allen ihren Fundstücken nach Hause. Der schöne Nebeneffekt ist, dass die Leute wirklich in Kontakt und Gespräch kommen. Die Kleidung, die keine neuen Besitzer finden, spenden wir dann sozialen Projekten und Einrichtungen wie zum Beispiel „Sperrgebiet Hamburg“ oder „Hinz und Kunzt“.
Drum herum gibt es ein Speisen- und Getränke-Buffet, das u.a. durch Spenden ermöglicht wird und Musik von unserem Haus-DJ. Und dann gibt es ein „Spezial“, das im weiteren Sinne mit Kleidung oder Kreativität zu tun hat: Letztens war es Socken basteln. Wir haben zum Glück viele helfende Hände, durch die der Event überhaupt stattfinden und wachsen kann!

In welcher Konstellation kommen Menschen zu euren Events?
A&J: Es ist spannend, weil es sich ständig entwickelt. Beim letzten RauschRock hatten wir über 150 Teilnehmer, davon hauptsächlich Frauen von 25-35 Jahren, viele davon kamen mit ihrem Partner. Andere mit Babys oder Kleinkindern. Es kamen auch viele ältere Menschen, Familien oder Alleinstehende, die von dem Event im Internet gelesen hatten. Letztendlich hängt das Publikum von der Location ab: Dadurch, dass wir in verschiedenen Stadtteilen unterwegs sind, haben wir unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

Spielt die räumliche Nähe beim RauschRock eine Rolle? Ist das Konzept nachbarschaftsbezogen?
A&J: Es liegt uns am Herzen, dass wir uns mobil durch Hamburg bewegen, um an ungewöhnlichen Räumlichkeiten und Orten präsent zu sein. Dadurch erreichen wir Menschen in Stadtteilen, die für solche Veranstaltungen nicht prädestiniert sind, wie zum Beispiel Billstedt. Andererseits locken wir so Menschen aus ihren angestammten Vierteln und bieten ihnen neue Perspektiven an. Selbstverständlich können wir aber Bürger nicht zwingen, zu kommen. Und wenn wir in den üblichen Stadtteilen wie Eimsbüttel, St. Pauli oder Altona auftreten, können wir auf die Menschen zählen, die  RauschRock schon angenommen oder zumindest davon gehört haben.

Es geht beim RauschRock ums Tauschen von Kleidung. Könnte das Konzept um andere Dinge erweitert werden?
A&J: Bisher auf Grund unserer Ressourcen noch nicht.  RauschRock ist vor allem als eine Kleidungsparty gedacht. Mit TauschWert wollen wir aber über den reinen Kleidertausch hinaus. Wir nutzen jede Gelegenheit zur Vernetzung mit anderen Menschen, um gemeinsam etwas in Bewegung zu bringen. Wir haben zum Beispiel mit einer Illustratorin eine Kooperation gemacht, die eine Collage für den letzten RauschRock gemacht hat. Als Gegenleistung haben wir abgemacht, dass wir eine Veranstaltung für sie organisieren werden.

Letzte Frage: Euer Kulturtipp für die nächsten Tage?
A&J: Am 3. Adventswochenende laden wir ein in die „Gewerkstatt Hamburg“ zum Event „Offenes Atelier im Advent“. Am 15. und 16.Dezember 2012 präsentieren dort 13 Kunsthandwerker mit ganz unterschiedlichen Gewerken ihre Arbeiten. Wir freuen uns über jeden, der kommt und mit uns ein Glas Glühwein trinkt!
Außerdem findet das nächste RauschRock voraussichtlich im März 2013 statt. Mehr Infos sind in den nächsten Wochen online zu finden.

Vielen Dank, Mädels!

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NIRIU